Wie läuft ein Verbraucherinsolvenzverfahren ab?

Durch die zum 01.01.99 eingeführte Insolvenzordnung erhalten erstmals überschuldete Privatpersonen die Chance auf einen finanziellen Neuanfang. Auch ehemalige Selbstständige können das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen, wenn sie weniger als 20 Gläubiger haben und wenn keine Verbindlichkeiten aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern bestehen (dies sind Krankenkassenbeiträge von Mitarbeitern, Lohnsteuer, BG-Beiträge für Mitarbeiter, Bundesknappschaftsabgaben). Für die Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens benötigen Sie die Unterstützung einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder von Rechtsanwälten bzw. Notaren.

Das Gerichtsverfahren ist gebührenpflichtig. Wenn Sie die Gerichtskosten in Höhe von 1.500,- bis 1.800,- Euro nicht aufbringen können, besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Stundungshilfe zu stellen. In diesem Fall werden die Kosten für das gerichtliche Insolvenzverfahren zunächst vom Land vorgeschossen. Dieser Kostenvorschuss muss von Ihnen entweder im Laufe des Verfahrens oder nach Abschluss des Insolvenzverfahrens in Raten zurückgezahlt werden. Dies gilt allerdings nur dann, wenn Ihre Einkommenssituation dies erlaubt. Sollten während des Insolvenzverfahrens Anteile Ihres Gehaltes pfändbar oder Vermögenswerte eingezogen worden sein, werden die Kosten des Verfahrens aus dieser "Masse" getilgt. Die Gläubiger erhalten also erst dann Geld, wenn die Gerichtskosten erledigt sind.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren umfasst 4 Phasen

  • einen außergerichtlichen Einigungsversuch, scheitert dieser folgt

  • ein Schuldenbereinigungsplanverfahren, das vom InsO- Gericht veranlasst werden kann. Scheitert auch dieser oder wird als nicht sinnvoll abgelehnt, folgt

  • das gerichtliche Insolvenzverfahren und danach

  • die Wohlverhaltensphase, an deren Ende die Restschuldbefreiung wirksam wird.

Die Laufzeit des Verfahrens beträgt normalerweise 5 Jahre. Die Dauer kann sich auf 6 Jahre verlängern, wenn es Ihnen nicht gelingt, innerhalb von 5 Jahren die gerichtlichen Verfahrenskosten zu begleichen. Die Laufzeit kann sich auf 3 Jahre vermindern, wenn Sie 35% der von den Gläubigern angemeldeten Forderungen begleichen und zusätzlich die Verfahrenskosten bezahlen können. Diese betragen aktuell noch einmal ca. 20-25% der Gesamtschulden.

Ziel des Insolvenzverfahrens ist die Restschuldbefreiung am Ende des Verfahrens. Dabei ist es gleichgültig, ob pfändbare Beträge in dieser Zeit abgeführt werden konnten. Die Restschuldbefreiung gilt gegenüber (fast) allen Gläubigern, die vor dem Eröffnungsstichtag eine Forderung gegen sie besessen haben.

Gericht

Zunächst sollte genau erfasst werden, wo Sie mit welchen Forderungen verschuldet sind. Hierzu werden folgende Angaben benötig:

  • Name, Adresse (Postfach reicht nicht) und Aktenzeichen des Forderungsinhabers (z.B. Ursprungsgläubiger oder Inkassounternehmen) und des rechtlichen Vertreters (z.B. Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen)

  • Die Forderungshöhe, notfalls geschätzt

  • Forderungsgrund, z.B. Warenlieferung, Dienstleistung, Darlehen etc.

Auf der Grundlage dieser Zahlen muss dann allen Gläubigern ein außergerichtlicher Einigungsversuch auf der Basis eines Verteilungsplanes vorgelegt werden. Üblicherweise wird hier den Gläubigern die Verteilung des in den nächsten 5 Jahren pfändbaren Betrages angeboten. Ein Verteilungsplan kann aber auch völlig anderen Inhalt haben.

Wenn Sie den Gläubigern mehr anbieten als diese im Insolvenzverfahren erhalten würden, werden die Gläubiger einem Vergleich eher zustimmen. Gleichzeitig steigt aber Ihr Risiko, nicht einhalten zu können, was Sie sich vorgenommen und den Gläubigern zugesagt haben. Also: Vorsicht!

Scheitert der Einigungsversuch, brauchen Sie eine Bescheinigung, die dieses Scheitern bestätigt. Sie erhalten diese von einer geeigneten Stelle, also den Schuldnerberatungsstellen (z.B. der SIB) oder von einer geeigneten Person (Rechtsanwälte, Notare). Erst jetzt kann beim zuständigen Insolvenzgericht der Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens eingereicht werden.

Das hierfür notwendige bundeseinheitliche Antragsformular (ein umfangreicher Formularsatz) können Sie beim InsO- Gericht und bei den meisten Schuldnerberatungsstellen in Papierform erhalten oder als Download auf der Seite des Bundesjustizministeriums, http://www.justiz.de/formulare/zwi_bund/vinsolvenz.pdf oder auf meiner Homepage unter „Schnelle Hilfe“ herunterladen.

Für jede verschuldete Person ist ein eigener Insolvenzantrag zu stellen. Geht es um Eheleute und sind beide überschuldet, muss auch jeder einen eigenen Antrag stellen. Eine Restschuldbefreiung kann nur erhalten, wer einen eigenen Antrag einreicht!

Sobald der Antrag dem Gericht vorliegt, wird er auf Zulässigkeit, Vollständigkeit und Zuständigkeit geprüft. Standort des InsO- Gerichtes ist immer das Landgericht zu dem Ihr Wohnort gehört! Anschließend entscheidet das Gericht, ob ein gerichtliches Schuldenbereinigungsplanverfahren durchgeführt werden soll. Das Planverfahren sieht vor, dass das Gericht nochmals versucht, sich mit den Gläubigern zu einigen. Grundlage dieses Einigungsversuches ist der Plan, den die Schuldenberatung erarbeitet und dem Antrag beigefügt hat. Das Gericht wird das Planverfahren nur durchführen, wenn Aussicht auf Erfolg besteht. Damit der Plan erfolgreich ist, müssen mehr als 50% der Gläubiger zustimmen. Diese Mehrheit der Gläubiger muss zusätzlich mehr als die Hälfte der Forderungshöhe im Besitz haben.

Gelingt der Plan, ist kein InsO- Verfahren notwendig. Eine Eintragung in der Schufa erfolgt nicht. Die Verfahrenskosten für diese Verfahrensphase sind gering.

Sollten keine pfändbaren Beträge vorhanden sein und vom Schuldner kein erfolgversprechendes Zahlungsangebot vorgelegt werden, wird diese Verfahrensstufe übersprungen.

Wird der Schuldenbereinigungsplan nicht durchgeführt oder scheitert er, wird das gerichtliche Insolvenzverfahren eröffnet. Mit der Insolvenzeröffnung erhalten Sie zwei Beschlüsse vom Insolvenzgericht:

Erstens den Beschluss über die Stundung der Verfahrenskosten und zweitens den Eröffnungsbeschluss. Letzteren sollten Sie gut aufbewahren und sich ein paar Mal kopieren. Sie können aus dem Beschluss das genaue Datum ablesen, wann die Laufzeit des Insolvenzverfahrens begonnen hat und Sie sehen, wer Ihr Insolvenzverwalter ist. Das Gericht wählt diesen Verwalter nach eigener Einschätzung. Er soll in Ihrem Insolvenzverfahren die Interessen der Gläubiger vertreten.

Durch Vorlage des Eröffnungsbeschlusses können Sie sich vor dem Gerichtsvollzieher und pfändenden Gläubigern schützen. Beide dürfen wegen der alten Schulden nicht mehr gegen Sie vorgehen!

Die Durchführung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens wird vom Gericht öffentlich bekannt gemacht. Alle Gläubiger, die Forderungen gegen Sie geltend machen wollen, müssen sich innerhalb einer festgesetzten Frist beim Verwalter melden und ihre Forderung anmelden. Tun die Gläubiger dies nicht, können sie wegen dieser Sache nie wieder gegen Sie vorgehen! (Ausnahme: Sollte Ihr Insolvenzverfahren scheitern, können alle ursprünglichen Gläubiger wieder aus den ursprünglichen Vollstreckungstiteln gegen Sie vorgehen)

Der Insolvenzverwalter wird alle Gläubiger, die im Insolvenzantrag genannt wurden, anschreiben und auffordern ihre Forderung anzumelden. So entsteht ein Forderungsverzeichnis. Im Laufe des Verfahrens werden die Anteile der Forderungen der einzelnen Gläubiger an den Gesamtschulden festgestellt (Quoten), damit die eingezogenen pfändbaren Beträge entsprechend verteilt werden können.