Kann eine Immobilie erfolgreich geschützt werden, obwohl Schulden vorhanden sind und eventuell ein Insolvenzverfahren beantragt werden muss?

Dies ist sicher die Situation, die am häufigsten in der Schuldner- und Insolvenzberatung vorkommt. Ratsuchende besitzen ein selbstgenutztes Haus oder eine Wohnung und hoffen, dass sich ein Verlust der Immobilie durch erfolgreiche Verhandlungen verhindern lässt. Ein erstes großes Erstaunen setzt ein, wenn die Ratsuchende erfahren, dass ein Insolvenzverfahren nicht automatisch den Verlust der Immobilie bedeuten muss. Nachfolgend habe ich aufgelistet was Sie im Vorfeld klären sollten:

  • Klären Sie zunächst, was sich alle Beteiligten im Hinblick auf die Immobilie wünschen. Versuchen Sie zu einer Einigung mit dem Partner zu kommen auch wenn Sie alleiniger Eigentümer sind. Setzen Sie sich eine zeitliche Frist bis zu der Sie eine endgültige Entscheidung treffen werden.

  • Investieren Sie kein Geld mehr in die Immobilie bevor eine Entscheidung über den Erhalt der Immobilie getroffen ist.

  • Beziehen Sie keine unbeteiligten Dritten als zusätzliche Sicherungsgeber oder Bürgen in die Verträge ein, bevor Sie die oben genannten Entscheidungen getroffen haben.

  • Ein Verkauf der Immobilie durch die Bank ohne Ihre Zustimmung ist nicht möglich!

  • Ein Verlust Ihrer Eigentumswohnung oder Ihres eigenen Hauses droht immer dann, wenn Sie die Ratenzahlungen nicht mehr aufrecht erhalten können und sich Ihre wirtschaftliche Situation langfristig gravierend verschlechtert hat. Ist ein Hypothekenkredit gekündigt, ist eine Umschuldung durch eine andere Bank nahezu unmöglich, da die Kündigung der Schufa gemeldet wird und die internen Regeln anderer Banken dann eine Umschuldung nicht mehr erlauben.
    Allerdings gibt es auch nach Kündigung durch die Hypothekenbank noch Spielraum für eine Einigung mit Ihrer Bank. Können Sie zumindest die Verzugszinsen zahlen, stellt dies zwar keine langfristige Lösung dar, kann aber einen Zeitgewinn von 1-2 Jahren bedeuten. Über ein solches „Stillhalteabkommen“ werden Sie wahrscheinlich keine schriftliche Zusage Ihrer Bank erhalten. Es bleibt Ihnen somit nur die Chance, durch regelmäßige Zahlung die Bank von der Ernsthaftigkeit Ihrer Rettungsbemühungen zu überzeugen. Erhält die Bank in dieser Zeit monatlich pünktlich Raten mindestens in der Höhe der Verzugszinsen, können Sie nach Überwindung der Zahlungsprobleme häufig eine neue Vereinbarung mit der Bank treffen.

  • Für viele Überlegungen ist es von zentraler Bedeutung den (Verkehrs-) Wert der Immobilie in Erfahrung zu bringen. Hierzu könnte das Gutachten, das die Hypothekenbank vor Finanzierung erstellt hat, hilfreich sein. Eine Kopie wird Ihnen Ihre Hypothekenbank sicher aushändigen. Sollten Sie bereits versucht haben, die Immobilie durch einen Makler verkaufen zu lassen, liegt Ihnen vielleicht noch vom Makler ein Expose mit einer Wertschätzung vor. Auch wenn Sie nicht ernsthaft verkaufen wollen, könnten Sie einen Makler bitten, eine aktuelle Wertschätzung vorzunehmen. Sie werden aber sicher nur eine hilfreiche Rückmeldung des Maklers erhalten, wenn Sie ein klein wenig die Unwahrheit hinsichtlich Ihres Verkaufsinteresses sagen.

  • Sollten die zu erwartenden Erlöse aus dem Verkauf der Immobilie nicht reichen, um die Überschuldungssituation zu beheben oder Sie keine Möglichkeit sehen, den nach Verkauf offenen Restbetrag innerhalb von max. 6 Jahren abzutragen, könnten Sie versuchen, durch ein Insolvenzverfahren alle Schulden zu begleichen. Sie können einen Insolvenzantrag stellen, auch wenn Sie noch Eigentümer des Hauses sind. Warten bis zum Verkauf ist nicht notwendig! Es kann gelingen die Immobilie trotz Insolvenzverfahren zu erhalten!!!

  • Alle Regelungen, Vereinbarungen und Verträge, die Sie mit Wirkung für eine Immobilie treffen wollen, bedürfen der notariellen Beurkundung und der Eintragung im Grundbuch. Im Außenverhältnis, also gegenüber dritten Personen, sind diese Verträge nur so bindend.

  • Sind in Abteilung II des Grundbuches Sonderrechte, wie z.B. Wohn- oder Nutzungsrechte eingetragen, mindern diese den Wert der Immobilie möglicherweise erheblich. So geht man z.B. bei einem 50- Jährigen, der ein lebenslanges Wohnrecht besitzt, von einem Wert dieses Wohnrechtes in Höhe von ca. 100.000,-€ aus. Selbstverständlich schwankt dieser Wert je nach Wert der Immobilie.

  • Gläubiger können die Eintragung der Schulden im Grundbuch erzwingen. Voraussetzung: Ist der Gläubiger im Besitz eines rechtskräftigen Titels, z.B. eines Vollstreckungsbescheides kann er eine Zwangssicherungshypothek eintragen lassen.

  • Wurde ein Darlehen jahrelang abgezahlt, kann die Restforderung deutlich niedriger liegen als der zur Sicherheit im Grundbuch eingetragene Betrag. Gleichzeitig kann die Immobilie durch sogenannte Zweckerklärungen auch als Sicherheit für andere Forderungen der Bank gegen Sie genutzt worden sein. Dies können z.B. überzogene Girokonten sein oder zusätzliche Darlehen, die nach der Hypothek noch vergeben worden sind. Durch die Zweckerklärung erweitert sich die im Grundbuch eingetragene Sicherheit auch auf diese anderen Darlehen.

  • Unabhängig davon, ob ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen ist oder nicht, erhöht sich die Sicherheit für die Hypothekenbank aufgrund der im Grundbuch eingetragenen Zinsen. Üblicherweise beträgt der eingetragene „Sicherheitspolster- Zinssatz“ zwischen 18 und 20%. Die Zinsen für das Jahr 2009 entstehen am 2.1.2010. Dieser Zinsanspruch verjährt 3 Jahren nach Entstehung zum Ende des Jahres. Am 31.12.2013 sind die Zinsen aus dem Jahr 2009 verjährt.

  • Kommt es zur Kündigung des Hypothekendarlehens durch die Kreditnehmer kann die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Diese Zahlung soll den Schaden, der der Bank durch das Scheitern der Finanzierung entstanden ist, ausgleichen. Der Schaden ergibt sich im Wesentlichen aus dem Zinsunterschied der bei sinkenden Zinssätzen entsteht.

    Ein Beispiel: Die Restforderung aus einer Hypothek beträgt 100.000,-€. Sie wollen den Betrag nach 9- jähriger Laufzeit zu einer anderen Bank umschulden. Ursprünglich war eine Laufzeit von 10 Jahren und ein Zinssatz von 3,96 % vereinbart. Durch die Umschuldung zahlt die neue Bank die offenen 100.000,-- € an Ihre alte Hypothekenbank. Der Zinssatz, den Ihre alte Bank heute am Markt erhalten kann, beträgt 3,5 %. Die Bank erhält also heute weniger Zinsen als bei Ihnen damals. Hierin besteht ein Schaden, den die Bank Ihnen in Rechnung stellen darf. Je länger die Restlaufzeit und je höher der Zinsunterschied (damals - heute) ist, desto größer ist die „Vorfälligkeitsentschädigung".
    Hat allerdings die Bank die Hypothek aus irgendeinem Grund gekündigt, wird Sie voraussichtlich keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen können! Aktuell ist dies noch umstritten!

  • Ein Gläubiger der seine Forderung im Grundbuch eingetragen hat, wird auf Antrag des Schuldners oder eines nachrangigen Gläubigers die Höhe seiner im Grundbuch gesicherten Forderung nach unten korrigieren müssen, wenn die Forderung bereits teilweise beglichen ist.
    Häufig ist die Differenz zwischen Eintragung im Grundbuch und tatsächlicher Forderungshöhe beträchtlich. Entdecken nachrangige Gläubiger solche Betragsunterschiede können sie dies für sich nutzen und den als Sicherheit nicht mehr benötigten Anteil des vorrangigen Gläubigers für sich beanspruchen. Ein Beispiel: Verkehrswert Immobilie 150.000,-€ / GL 1 erstrangig eingetragen mit 120.000,-€, aktuelle Forderungshöhe 80.000,-€ / Gl 2 eingetragen 45.000,-€ / Gl 3 eingetragen mit 3.000,-€ / Gl 3 kann in den von Gl 1 nicht benötigten freien Teil „vollstrecken“ und damit seine Forderung an Gl 2 „vorbei schieben“.
    Kann der vorrangige Gläubiger jedoch eine Zweckerklärungen vorlegen, darf die Grundbuchsicherheit auch für alle in der Zweckerklärung genannten Forderungen genutzt werden.

  • Gehört eine Immobilie zwei oder mehr Personen kann ein im Grundbuch eingetragener Gläubiger nur einen Anspruch auf den prozentualen Anteil erheben, der „seinem Schuldner“ zusteht. Eine Forderungsbeitreibung durch Versteigerung einer Immobilie, die mehreren Eigentümern gehört, ist i.d.R. nicht realisierbar, da nur der Anteil des Schuldners versteigert werden kann. Wer will schon eine halbe Wohnung ersteigern!
    Eine sogenannte Teilungsversteigerung kann nur von einem Eigentümer der Immobilie beantragt werden nicht vom Gläubiger. Durch die Teilungsversteigerung würde die Immobilie insgesamt versteigert. Anschließend müssen sich die Teileigentümer auf eine Verteilung des Erlöses einigen!
    Im Insolvenzverfahren gehen die Rechte an allen zur Masse gehörenden Vermögenswerten vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über. Somit könnte der Verwalter in einem Insolvenzverfahren eine Teilungsversteigerung veranlassen!

  • Eintragungen im Grundbuch können vom Schuldner jederzeit veranlasst werden. Die in Abt. III eingetragenen Gläubiger müssen nicht zustimmen. Dies gilt insbesondere für Eigentümerwechsel, Eintragungen von nachrangigen Gläubigerforderungen im Grundbuch oder die Eintragung von Sonderrechten. Durch diese Änderungen des Grundbuches werden die älteren Rechte der bereits eingetragenen Gläubiger nicht beeinträchtigt.
    Allerdings unterliegen alle Eintragungen, die Sie freiwillig im Grundbuch vornehmen lassen, der sehr genauen Prüfung durch Ihre Gläubiger oder den späteren Insolvenzverwalter. Gläubiger und Verwalter könnten versuchen zu beweisen, dass die freiwillig von Ihnen veranlassten Eintragungen mit Benachteiligungsabsicht anderer Gläubiger vorgenommen worden sind. Dann wären die Eintragungen bis zu 10 Jahre lang anfechtbar und wieder zu löschen.

  • Zwangsweise von Gläubigern vorgenommene Eintragungen im Grundbuch sind i.d.R. nur innerhalb der ersten 3 Monate nach Eintragung anfechtbar. Maßgebend ist der Zeitraum zwischen Eintragung im Grundbuch und Eingang des Insolvenzantrages bei Gericht.

  • Wurde der Schuldner Eigentümer einer Immobilie, weil es eine Schenkung zwischen dem Schuldner und z.B. den Eltern gab, enthält der Schenkungsvertrag hoffentlich ein Rückübertragungsrecht für den Fall der Zahlungsunfähigkeit. In einem solchen Fall sollte die Rückübertragung erst vorgenommen werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Je nach Formulierung tritt der Rückübertragungsanspruch erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein.