Wenn Sie entschieden haben weiterzumachen und eine Entschuldung durch das Insolvenzverfahren anstreben – Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

Ziel des Insolvenzverfahrens ist die Restschuldbefreiung spätestens nach 6 Jahren, gleichgültig ob pfändbare Beträge in dieser Zeit abgeführt werden konnten. Die Restschuldbefreiung gilt gegenüber (fast) allen Gläubigern, die vor dem Eröffnungsstichtag eine Forderung gegen sie besessen haben. Klären Sie vor der Entscheidung für ein Insolvenzverfahren wie sich Ihre berufsständische Vertretung / Kammer verhalten wird, wenn Sie einen Insolvenzantrag stellen. Kritisch kann die Situation für Rechtsanwälte, Architekten oder Finanzdienstleister werden.

Droht eine Gewerbeuntersagung kann dieses Verfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestoppt oder zumindest verzögert werden!

Sollte ein Gläubiger (meistens Finanzamt) einen Insolvenzantrag gestellt haben, sollte fristgerecht ein eigener Insolvenzantrag mit Stundungsantrag und Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt werden. Eine Restschuldbefreiung kann nur erhalten, wer einen eigenen Antrag einreicht!

Für jede selbstständig handelnde Person / Gesellschaft ist ein Insolvenzantrag zu stellen.

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet persönlich für nicht gezahlte Umsatz- und Lohnsteuer sowie für nicht abgeführte Sozialversicherungsleistungen. Ebenso haftet er persönlich für Schulden, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit begründet wurden.

Der Geschäftsführer einer GmbH muss unmittelbar nach Feststellung von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit seiner GmbH einen Insolvenzantrag stellen. Entscheidend ist dabei eine objektive Bewertung der Ist- Situation und nicht die Sanierungshoffnung. Sie haben 3 Wochen Zeit! Wird diese Zeit überschritten, riskieren Sie zumindest eine Geldstrafe wegen Insolvenzverschleppung.

Nach Eingang des Insolvenzantrages bei Gericht wird ein Rechtsanwalt als Gutachter beauftragt, der die Angaben im Antrag überprüfen soll. Kooperieren Sie wenn möglich, aber wehren Sie sich, wenn Ihnen etwas ungerecht erscheint!

Zum Zeitpunkt des Einreichens des Insolvenzantrages sollten keine eigenen Forderungen offen sein (offene Posten)! Besprechen Sie mit dem späteren Gutachter welche Einkünfte Sie während der Gutachtenphase behalten und welche laufenden Kosten Sie begleichen dürfen.

Mitarbeiter haben einen Anspruch auf Insolvenzgeld, das der Höhe des letzten Gehaltes entspricht und 3 Monate lang gezahlt werden kann (auch rückwirkend). Allerdings wird der Betrag vom Arbeitsamt i.d.R. erst nach Insolvenzeröffnung ausgezahlt. Große und erfahrene Insolvenzkanzleien organisieren insbesondere bei geplanter Betriebsfortführung eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes, sodass die Gehälter für die nächsten 3 Monate gesichert sind. Dies sollte mit den Mitarbeitern besprochen werden.

Nach Insolvenzeröffnung kann der Insolvenzverwalter alle auf Dauer angelegten betrieblichen Verträge (Dauerschuldverhältnisse wie z.B. Ladenmiete, Handy, Leasing, Telefon, Internet, Mitarbeiter, Versicherungen etc) kündigen. Dies kann hilfreich sein, wenn Sie diese Verträge los werden wollen, kann aber auch problematisch sein, wenn Sie gern mit diesen Vertragspartnern weiterhin zusammenarbeiten wollen. In diesem Fall müssten Sie neue Verträge nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abschließen. Diese wird der Insolvenzverwalter nicht wieder kündigen, da er (bzw. die Insolvenzmasse) für die neuen Verträge nicht haften muss. (Insolvenzmasse = Alle eingezogenen Vermögenswerte des Schuldners)

Spätestens nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fordert der Verwalter Sie auf, eine Liste aller betrieblichen Vermögenswerte zu erstellen, inkl. offener Forderungen und der an dem Betriebsvermögen bestehenden Sicherungsrechte. Betriebsvermögen, das sich bei Insolvenzeröffnung im Eigentum des Schuldners befindet, wird der Insolvenzverwalter einziehen und verwerten. Der Verwalter prüft die Wertschätzung des Schuldners auf Glaubwürdigkeit und nimmt ggf. in Augenschein oder bestellt einen Gutachter. Auch die Festsetzung eines Kaufbetrages für den Betrieb insgesamt setzt der Verwalter fest, wenn er hofft einen Käufer finden zu können.

Sie erhalten die Möglichkeit den ermittelten Gesamtwert oder einzelne Gegenstände aus der Insolvenzmasse zu erwerben. (Verhandeln!!! – Ratenzahlung ist möglich!)

Einzelne Forderungen von Gläubigern können von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgeschlossen sein. Insbesondere gilt dies für Geldstrafen und Geldbußen. Aber auch Forderungen der Sozialversicherungsträger, wenn Arbeitnehmerbeiträge vorsätzlich nicht abgeführt wurden, gehören in diese Forderungsgruppe. Obwohl Ihre Erfolgsaussichten in einem Rechtsstreit mit Krankenkassen gering sind, lohnt i.d.R. ein Widerspruch gegen die Behauptung, Sie hätten mit Vorsatz gehandelt und eine unerlaubte Handlung begangen. Sollte die Krankenkasse gerichtlich gegen Sie vorgehen, ist allerdings meistens eine Rücknahme des Widerspruchs ratsam. (Achtung: Gerichts- und Anwaltskosten!)

Sind nach Insolvenzeröffnung aus der Fortführung der selbstständigen Tätigkeit Gewinne zu erwarten, die nur knapp über der Pfändungsfreigrenze liegen, wird der Insolvenzverwalter meistens nach ca. 2-3 Monaten die Verantwortung für den Betrieb ablegen und den Betrieb aus der Insolvenzmasse freigeben. Ab diesem Zeitpunkt ist der Selbstständige pfändungsrechtlich so zu stellen wie ein Angestellter, der einer angemessen Tätigkeit nachgeht.

Der Verwalter wird nach der Freigabe des Geschäftsbetriebes möglicherweise trotzdem wissen wollen, wie hoch der monatliche Gewinn ist, er kann diesen aber nicht mehr zur Grundlage der Berechnung des abzugebenden Betrages machen. Ab Freigabe des Betriebes ist der Pfändungsbetrag nur noch durch die Höhe eines hypothetischen angemessenen Gehaltes festzusetzen. Hierin liegen Chance und Risiko zugleich!

Ein Beispiel: Können Sie als Alleinstehender ohne Unterhaltsverpflichtungen durch Ihre selbstständige Tätigkeit einen Gewinn von 2.000,-€ erwirtschaften, wären lt. Pfändungstabelle 670,-€ pfändbar. Gleichzeitig wäre nach Ihrer eigenen Einschätzung ein Angestelltengehalt in Höhe von 1.500,-€ netto realistisch. Bei 1.500,-€ netto sind 320,-€ pfändbar. Sie müssten also im Insolvenzverfahren jeden Monat 320,-€ abgeben, gleichgültig wie hoch ihr Gewinn ist.

Vergessen Sie niemals, dass die vorrangige Aufgabe des Insolvenzverwalters die Befriedigung der Gläubigerforderungen ist! Sein Honoraranspruch erhöht sich mit jedem Euro der zur Masse gezogen werden kann, d.h. gepfändet werden kann!

Eine Einigung mit allen Gläubigern während des gerichtlichen Insolvenzverfahrens ist grundsätzlich in Form eines Insolvenzplanes möglich, wenn Sie eine Einmalzahlung anbieten können, die höher ist, als der Betrag, den die Gläubiger im Insolvenzverfahren von Ihnen bekommen könnten. Durch Zahlung eines solchen Vergleichsbetrages, der von einer dritten Person zur Verfügung gestellt wird, könnte das Verfahren nach ca. 1 - 2 Jahren bereits wieder beendet werden.

Der Insolvenzverwalter kann vielfältige Handlungen des Schuldners anfechten und rückgängig machen, z.B.

  • freiwillige Zahlungen an Gläubiger innerhalb von 3 Monaten vor Antragstellung, wenn diese von der bestehenden Überschuldung Kenntnis hatten

  • Sicherungsrechte, die einem Gläubiger innerhalb von 3 Monaten vor Antragstellung gegeben wurden

  • Schenkungen innerhalb von 4 Jahren vor Antragstellung (Ausnahme: Gebräuchliche Geschenke geringen Wertes)

  • Zahlungen an Dritte mit der Absicht andere Gläubiger zu benachteiligen innerhalb von 10 Jahren ab Antragstellung. Bei Geschenken an nahestehende Personen wird die Benachteiligungsabsicht unwiderleglich vermutet.